Geschichte von Gemeinde und Pfarrei Loiching (Kurzüberblick)

Verfasser: Martin Hobmeier

Die erste urkundliche Erwähnung von Loiching erfolgte im Jahre 885. Am 25. August schenkte Kaiser Karl III., genannt „der Dicke“, der Kapelle in Ötting den neunten Teil der Einkünfte aus 21 zum Königsgut gehörenden Ortschaften. Darunter befanden sich Dingolfing, Osterhofen, Velden und auch Loiching, in dieser Urkunde als Liuchingan“ bezeichnet. Die Streulage dieser Königsgüter läßt darauf schließen, daß ihre Größe nicht unerheblich gewesen sein dürfte. Jedenfalls sind sie nicht erst 885 entstanden, sondern schon lange vorher existent gewesen, vermutlich aus agilolfingischem Herzogsgut hervorgegangen. Auch die Tatsache, daß es sich bei Loiching um einen sogenannten echten Ing-Ort handelt, stützt diese These. Orte dieser Art können in die früheste Besiedlungszeit des altbayerischen Raumes, in das 6. Jahrhundert, zurückgeführt werden. Auch Reihengräberfunde in unserer Gegend deuten in diese Richtung. Im Jahre 911 soll bei Loiching eine Schlacht gegen die Ungarn stattgefunden haben, wie die Niederaltaicher Jahrbücher des 11. Jahrhunderts berichten. Ein Hinweis auf eine undatierte Urkunde in den Monumenta Niederaltacensia weist den Namen Spechtrain auf, sie dürfte um 900 einzuordnen sein. In einer Königsurkunde von Heinrich II., dem „Heiligen“, aus dem Jahre 1011 oder 1012 ist von einem Gau Spechtrain die Rede. Eine Zeitlang gehörte das Gebiet der beiden Altgemeinden Weigendorf und Loiching überwiegend in den Herrschaftsbereich der Grafen von Frontenhausen. Nach deren Aussterben fiel das Erbe an die Bischöfe und das Domkapitel von Regensburg, dem die Pfarrei Loiching inkorporiert war, bis ins 19. Jahrhundert hinein. Die weltliche Herrschaft lag ab 1386 bei den Herzögen, Kurfürsten und Königen von Bayern, bis hin zur Republik. Als Träger der weltlichen Obrigkeit fungierte das Landgericht Teisbach, dann im 19. Jahrhundert das Landgericht Vilsbiburg und ab 1838 das Landgericht Dingolfing. 1971 schlossen sich die Gemeinden Loiching und Weigendorf freiwillig zu einer Gemeinde zusammen.
Im Grunde genommen zog man hier die Konsequenz aus einer gemeinsamen Geschichte der Pfarrei, von der im Jahre 1145 in einer Papsturkunde zum erstenmal die Rede ist, die damit 1985 ihr 840jähriges Jubiläum feiern kann. Zweifelsohne stellte sie jahrhundertlang eine der größten Landpfarreien der Diözese dar, mit dem Präsentationsrecht des Regensburger Domkapitels, das darüber hinaus in der ganzen Pfarrei zahlreiche Besitzungen hatte. Die Pfarrei reichte von Maierhof im Süden bis nach Gaubitzhausen im Norden. Von 1736/37 bis heute gehört zu ihr die Expositur Wendelskirchen. Von 1695 bis 1918 war Teisbach Expositur in der Pfarrei Loiching. Ober- und Unterspechtrain, Reinöd und Reit gehörten zur Pfarrei Loizenkirchen. Liebevoll gepflegte, die Epochen der Kunst- und Kirchengeschichte repräsentierende Gotteshäuser zeugen von dieser großen Tradition: St. Peter und Paul in Loiching, St. Jakob in Wendelskirchen, St. Leonhard in Weigendorf, St. Elisabeth in Göttersdorf, St. Martin in Piegendorf (heute Pfarrei Teisbach), St. Stephanus in Süßbach, St. Andreas in Gummering, St. Vitus in Teisbach (heute eigene Pfarrei).
Die bis zum 01.Mai 2001 zum Pfarrsprengel Loizenkirchen und nun zu Wendelskirchen gehörende Filial-Kirche zu Oberspechtrain ist dem Hl. Stephanus geweiht. Zu erwähnen sind noch die Kapelle „Zum heimlichen Leiden“ bei Oberteisbach sowie die aus dem 19. Jahrhundert stammende Kapelle in Wornstorf. Den schwersten Aderlass hatte die Pfarrei gegen Ende des 30jährigen Krieges zu verkraften. Nach einem Bericht von 1650 waren Gummering und Massendorf völlig menschenleer.
Über Jahrhunderte hinweg wurde das Leben in den Obmannschaften Loiching und Weigendorf, in Teilen der Obmannschaften Pirken (mit Wendelskirchen, Oberspechtrain), Jesendorf (mit Ober- und Unterwolkersdorf) beeinflußt von der Harmonie oder Disharmonie zwischen weltlicher und geistlicher Obrigkeit, zwischen dem Pfarrer von Loiching und dem Landrichter von Teisbach. Unterschiedlich war auch die Bevölkerungs- und Berufsstruktur. Während Teisbach mehr handwerklich bürgerlich geprägt war, lebte in den ehemaligen Gemeinden Loiching und Teisbach eine überwiegend landwirtschaftlich orientierte Bevölkerung. In Loiching war vorherrschend der bäuerliche Mittel- und Kleinbetrieb mit relativ häufigem Wechsel des Inhabers. Im Weigendorfer Bereich hingegen befand sich eine Reihe von alteingesessenen Bauern, die zum Teil schon in der Mitte des 18. Jahrhunderts ihre Höfe in freiem Eigentum besaßen.
Bis 1907 waren die Pfarrer von Loiching immer wieder Dekane von einem großen Dekanat, das 1914 noch bis Vilsbiburg reichte. Genannt seien nur Richard Manghofer, Georg Wolfgang Wedl, Andreas Paintner und Dr. Joh. Baptist Kumpfmüller. Josef Maria von Frauenberg wurde später Erzbischof von Bamberg, Adalbert Heinrich von Pechmann Weihbischof von Passau.
Die Expositur Wendelskirchen erlebte bis zum Ende des 19.Jahrhunderts einen sehr häufigen Wechsel, erst mit Michael Gebhard, Josef Binder, Ludwig Fischl Thomas Schöls, Georg Grötzinger und Albert Menhart kehrte eine gewisse Kontinuität ein. Weigendorf kämpfte immer wieder um einen eigenen Kooperator und um einen Friedhof. Der Friedhof wurde Wirklichkeit, das erstere blieb durch den zunehmenden Priestermangel weitgehend erfolglos. Nach 1945 waren Franz Xaver Kern und Wolfgang Vögl als Kommoranten tätig.
Die Unbilden der Natur stellten neben Krankheit und Krieg die größten Belastungen für die Menschen dar. Im Jahre 1891 zum Beispiel ereignete sich in Unterspechtrain eine der größten Brandkatastrophen der Gemeindegeschichte. Bis in die 50er Jahre hinein war die Isar eine ständige Gefahr für den Ort Loiching. Seit dem 16. Jahrhundert weiß man von der Gefährdung der Loichinger Isarbrücke durch den Eisbruch. Seit dieser Zeit kennt man auch die beständige Angst der Loichinger Pfarrherren vor dem Ausspülen des Kirchberges. Die Isarkorrekturen vor und nach der Jahrhundertwende haben hier erste Abhilfe geleistet. Ein großes Verdienst ge bührte hier dem Pfarrer, Dekan und Kreisrat (Bezirksrat) von Niederbayern, Dr. Johann Bapt. Kumpfmüller. Kumpfmüller war ähnlich wie später Bischöfl. Geistl. Rat Sebastian Schall, engagiert in der Renovierung und Restauration der Gotteshäuser der Pfarrei.
Das dörfliche Leben, das bäuerliche Jahr, wurde aufgelockert durch zahlreiche Veranstaltungen, die im 19. Jahrhundert zum Beispiel vom Strohkegelscheiben, über das Huttanzen bis zum Alten Bier reichten. In Ermangelung eigener Gaststätten war dem Expositus von Wendelskirchen übrigens bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts der Bierausschank gestattet. Im Winter widmete man sich dem Schützenverein. Das Endschießen fand in der Regel im Fasching statt, sei es beim Fischerwirt bei der Loichinger Halt, beim Bäckerwirt in Loiching, beim Seybold in Weigendorf oder beim Spitzlberger in Oberwolkersdorf. Geradezu berühmt waren die Weigendorfer Faschingsspäße, zum Beispiel die Jagd nach dem Räuber Kneißl in Unterweigendorf. Der Winter gehörte auch den Schlittagen, etwa von Weigendorf nach Teisbach. Im Raume Wendelskirchen fand wohl das erste Radrennen des damaligen Distrikts Dingolfing statt. Pferderennen waren in diesem Raum eine Selbstverständlichkeit, sei es beim Straßer-Wirt in Wendelskirchen oder beim Weindl in Oberspechtrain. Der Weigendorfer Leonhardi-Ritt war bekannt im ganzen Landkreis, ebenso wie der dortige Obstbauverein. Zentren des gesellschaftlichen Lebens waren auch das Brandstetter-Wirtshaus in Oberteisbach (vorher in Piegendorf), der Garr-Wirt und der Alte Wirt in Loiching.
Geradezu berühmt wurde unser Raum, als am 1. April 1909 der Zeppelin bei der Wastlmühle notlanden mußte. In der Passauer Zeitung zum Beispiel wurde der Inhaber der Loichinger Poststelle, Krämer Huber, wegen seiner Freundlichkeit am Telefon, die ganze Nacht hindurch, gelobt. Der Wastlmüller verkaufte über 1000 Eier an die herbeigeeilten Zaungäste.
Eine große Zäsur im Leben der Menschen brachte der I. Weltkrieg und die ihm folgende große Geldentwertung. Nach wenigen Jahren der Beruhigung kam die Herrschaft der Nationalsozialisten und im Gefolge der II. Weltkrieg, der wiederum viel Leid über die meisten Familien der beiden Gemeinden brachte. Das Kriegsende verschärfte die Bedrohung der Zivilbevölkerung angesichts der anrückenden amerikanischen Armee durch sinnlos gewordene Verteidigungsversuche von deutscher Seite. Menschen wurden getötet, Anwesen und schließlich die Isarbrücke zerstört. Als Recht und Gesetz nach dem Friedensschluss teilweise am Boden lagen, versuchten zweifelhafte Existenzen daraus Kapital zu schlagen. So terrorisierte in der Gemeinde Weigendorf tagelang eine Art von verbrecherischer „Hauptmann von Köpenick“ die Bürgerschaft, indem er Todesurteile aussprach, Internierungen und Beschlagnahmen verfügte. Viel Zeit zum Atmen blieb den Menschen nicht. Die Not war groß, der Wiederaufbau musste begonnen werden, zahlreiche Flüchtlinge und Heimatvertriebene wurden integriert und fanden vor allem in Kronwieden, das sich nach dem Krieg rasant vergrößerte, eine neue Heimat.
Loiching verlor in den ersten Nachkriegsjahren ein Viertel der Gemeindeflur: Schönbühl, Höfen und Gaubitzhausen fielen an Teisbach, Grüblhof kam zu Dingolfing. Der Versuch Teisbachs, auch Oberteisbach, Maßendorf und Piegendorf einzugliedern, scheiterte. Die Gemeinde Weigendorf hatte unter Max Haslbeck nach dem Krieg vor allem drei Schulen zu betreuen, es wurde kanalisiert. Eine umfassende Flurbereinigung, gegen anfänglichen Widerstand durchgesetzt, brachte eine tiefgreifende Neuordnung der bäuerlichen Flur, des gemeindlichen Straßennetzes. Mit wohlgeordneten Finanzen trat Weigendorf 1971 in die neue Gemeinde ein. Loiching hatte nach dem Krieg vor allem das Problem der Flüchtlingsintegration, der Hagelkatastrophe, des Hochwassers, des Isarbrückenbaus, der zentralen Wasserversorgung und des Schulhausneubaus unter den Bürgermeistern Johann Huber und Heinrich Kutscher zu bewältigen, ehe man 1971 die Ehe mit Weigendorf einging.
Die Bürger der Gemeinde Loiching können stolz sein auf ihre Heimat und auf ihre Geschichte. Konservativ im besten Sinne, Erhaltung des Bewährten und offen für das erprobte Neue, hat man die Gemeinde gestaltet. Immer wieder gab es Persönlichkeiten, die über den Tag hinaus gedacht haben, die auch anfänglich Unpopuläres durchgeführt haben. Meistern wir die Gegenwart und die Zukunft so, daß auch unsere Enkel und Urenkel auf ihre Geschichte stolz sein können!


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